Psychosomatik – Das Wechselspiel von Körper und Seele

Die Psychosomatik ist ein interdisziplinäres Fachgebiet, das sich mit dem Einfluss psychischer und sozialer Faktoren auf den Körper auseinandersetzt. Sie beschäftigt sich mit den Wechselwirkungen zwischen Körper (Soma) und Seele (Psyche).

Unter psychosomatischen Erkrankungen verstehen wir körperliche Beschwerden, die durch psychosoziale Belastungen ausgelöst und/oder verstärkt werden können und bei denen psychische Prozesse, wie z.B. eine angstbesetzte Selbstbeobachtung oder ein übermäßiges Schonverhalten dazu beitragen können, dass Beschwerden bestehen bleiben. Wir reden aber erst dann von psychosomatischen Erkrankungen, wenn nach einer differenzierten medizinischen Untersuchung keine organischen Befunde vorliegen, die eine vorliegende Symptomatik erklären können – psychosomatischen Erkrankungen bedürfen immer vorab einer ausführlichen medizinischen Diagnostik!

Dass unsere körperlichen, psychischen und sozialen Prozesse stets in Wechselwirkung stehen, ist lange bekannt. Körperliche Erkrankungen können auch die Psyche stark belasten. Kurz, Psyche und Körper wirken bei allen Krankheiten zusammen, bei der einen mehr, bei der anderen weniger.

Interessant ist allerdings, dass in unseren Köpfen Psyche und Körper weiterhin oft völlig getrennt wahrgenommen werden, auch in unserem Gesundheitssystem: Entweder ist etwas körperlich oder psychisch. Auch in unserer Sprache trennen wir Körper und Psyche. Wir sind identifiziert mit unserem Bewusstsein („ICH BIN müde, aufgeregt, nachdenklich…“) und WIR HABEN einen Körper, der dann etwas macht („Mein Herz rast, mein Darm rumort, mein Magen schmerzt…“). Wir haben auch ein Gehirn, aber wir sagen nicht „Ich bin Gehirn“, sondern bestenfalls „Ich bin rational, analytisch, logisch…“. Auch interessant: Geistige Dinge tun wir aktiv, körperliche Dinge scheinen uns bloß zuzustoßen“, nach dem Motto ICH und mein Körper.

Damit verbunden ist immer auch noch oft eine gewisse Abwertung, im Sinne von „Das ist NUR psychosomatisch“, was von manchen so verstanden wird, als ob die Beschwerden entweder nicht so schlimm sein können, gar „eingebildet“ sind und mit ein bisschen Disziplin und Willensanstrengung beseitigt werden können.

Wenn wir uns mit Psychosomatik beschäftigen, also mit dem komplexen Wechselspiel zwischen Körper und Seele, sollten wir uns klar vor Augen halten, dass Körper und Seele eins sind. Es konnte nachgewiesen werden, dass jedem Fühlen und Denken elektrische und biochemische Reaktionen im Gehirn vorausgehen. Jeder innere Zustand hat ein materielles Korrelat im Gehirn. Es ist also Zeit die Mauer, die in unseren Köpfen Psyche und Körper voneinander trennt, einzureißen.

Häufige Ursachen und/oder Auslöser für psychosomatische Erkrankungen sind Stress, Ängste, traumatische Erlebnisse oder soziale Isolation. Die seelischen Probleme können dann die unterschiedlichsten Krankheitsbilder hervorrufen, entsprechend vielfältig sind die möglichen Beschwerden, wie z.B.

  • Kopfschmerzen und Migräne
  • Rücken-, Nacken- oder Schulterschmerzen
  • Verdauungsbeschwerden wie Verstopfung, Durchfall, Übelkeit, Erbrechen, Magenschmerzen, Reizdarm
  • Herzrasen
  • Panikattacken
  • Ohrgeräusche (Tinnitus)
  • Schwindelgefühle
  • Sexuelle Unlust oder Impotenz
  • Übermäßige Erschöpfung
  • Luftnot
  • Essstörungen, Suchterkrankungen
  • Schlafstörungen
  • Haarausfall

Wie funktioniert das nun, dass seelische Probleme körperliche Beschwerden verursachen oder auslösen? Hier gibt es gibt verschiedene Kommunikationswege zwischen Psyche und Körper, wie z. B. das vegetative Nervensystem, das motorische Nervensystem, das Hormon- oder auch Immunsystem. Für den interessierten Leser gibt es hier genügend Literatur (sehr verständliche Erläuterungen bietet zum Beispiel Dr. med. A. Kugelstadt in seinem Buch „Dann ist das wohl psychosomatisch!“. 3. Aufl., 2020: Mosaik Verlag).

Um eine einfache Vorstellung von diesem komplexen Wechselspiel zwischen Körper und Seele zu bekommen, wird oft auch das „Dampfkesselbild“ genutzt:

Stell` dir vor, die Psyche ist ein Dampfkessel, in dem mal mehr, mal weniger Druck herrscht. Wenn längere Zeit zu viel Druck herrscht, dann muss dieser über unterschiedliche Ventile abgelassen werden. Manchmal sind die Ventile in der Psyche selbst und äußern sich in Stimmungen, Gedanken und Emotionen, manchmal sind diese Ventile auch im Körper.“

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