Empathie und Mitgefühl – ein Versuch zur Abgrenzung und Klärung

Auch wenn die beiden Begriffe eng miteinander verknüpft sind, Synonyme sind sie nicht. Schauen wir uns die Begriffe erst einmal einzeln an:

Empathie ist die Fähigkeit – und auch die Bereitschaft -, sich in Gedanken und Gefühle anderer Menschen hineinzuversetzen. Damit kann das Verhalten der anderen besser verstanden, nachvollzogen und vorhergesagt werden. Empathie bezieht sich aber nicht alleine darauf, sich in einen Mitmenschen einzufühlen, zu spüren, was in ihm vorgeht, sondern beinhaltet auch die Fähigkeit, angemessen darauf reagieren zu können, ihn also beispielsweise in den Arm zu nehmen, Hilfe anzubieten, sich mitzufreuen usw.

Die 4 Faktoren der Empathie:

Quelle: Karrierebibel

Empathie ist somit eine Grundvoraussetzung für unsere Sozialkompetenz und wichtigste Fähigkeit für jede berufliche Tätigkeit, die mit Menschen zu tun hat. Empathie ist die wesentliche Grundlage für stabile und enge zwischenmenschliche Beziehungen.

Mitgefühl ist die Fähigkeit, das Innere eines anderen Menschen nicht nur gut wahrnehmen zu können, sondern auch mit dem eigenen Gefühl anteilnehmend zu begleiten. Das betrifft sowohl positive als auch negative Gefühle. Ist mein Gegenüber traurig oder fröhlich, kann ich von diesen Gefühlen sozusagen „angesteckt“ werden und die Traurigkeit oder Fröhlichkeit mit-fühlen.

Die Schnittmenge von Empathie und Mitgefühl wird deutlicher, wenn wir uns die zwei verschiedenen Arten von Empathie anschauen, die von der aktuellen Forschung unterschieden werden: Emotionale Empathie und Kognitive Empathie.

Emotionale Empathie – Ich fühle, was du fühlst!
Emotionale Empathie ist weitgehend das, was wir unter Mitgefühl verstehen. Sie lässt uns empfinden, was unser Mitmensch empfindet. Emotionale Empathie ist unsere emotionale Antwort auf einen Gefühlszustand eines anderen. Dabei muss „der Andere“ noch nicht einmal anwesend oder existent sein. Die Schicksalsschläge einer Romanfigur zum Beispiel können uns ebenfalls stark zu Tränen rühren.

Kognitive Empathie – Ich weiß, was du fühlst!
Durch kognitive Empathie können wir uns verstandesmäßig in einen anderen Menschen hineinversetzen, ohne die Gefühle zu teilen. Sie ist die Fähigkeit, eine Situation aus der Perspektive unserer Mitmenschen zu sehen und damit ihre Emotionen und Gedanken rational nachzuvollziehen. Mit diesem gedanklichen Perspektivwechsel können wir (rational) besser einschätzen, wie wir uns verhalten können, um den anderen zu helfen.

Es wird vermutet, dass die emotionale und die kognitive Empathie zwei verschiedene, unabhängige Kompetenzen sind, für die verschiedene Zentren im Gehirn zuständig sind. So konnte festgestellt werden, dass es Menschen mit einer Störung aus dem Autismus-Spektrum schwerer fällt, sich kognitiv in andere Personen hineinzuversetzen, während gleichzeitig die Fähigkeit, mit anderen mitzufühlen, nicht beeinträchtigt ist. Umgekehrt können Menschen mit psychopathischen Zügen sich sehr wohl kognitiv in andere Menschen hineinversetzen, weswegen sie auch gut darin sind, andere zu manipulieren. Da es ihnen aber an Mitgefühl mangelt, sie die Emotionen der anderen nicht nachempfinden können, haben sie selbst auch keine emotionalen „Kosten“, wenn sie sich skrupel- und rücksichtslos verhalten.

In der Regel sind sowohl emotionale als auch rationale Empathie aktiv, wenn wir uns in einen anderen Menschen hineinversetzen und mitfühlen. Dennoch scheint es uns, dass wir gerade angesichts der vielen Herausforderungen um uns herum das Mitfühlen dringender denn je benötigen!

„Das Mitfühlen mit allen Geschöpfen ist es,
was den Menschen erst wirklich zum Menschen macht.“

Albert Schweitzer


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